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  • Hain von Esther Kinsky

    Eine Frau begibt sich kurz nach dem Tod ihres Mannes auf eine Reise nach Italien. Sie nimmt seine Sachen mit, seine Hemden, seine Pullover und träumt von ihm. Ihre Reiseziele sind nicht Rom, Venedig oder Florenz, sondern Provinzdörfer im Herbst und Winter am Rand der von Touristen überfüllten Städte. Es sind Orte, die das Paar gemeinsam besichtigen wollte.

    Mit einer genauen und gepflegten Sprache gelingt es der Ich-Erzählerin in jedem kurzen Kapitel ein Gemälde zu erschaffen oder eine Momentaufnahme des Alltags in Olevano, Chiavenna, Spina und am Po-Delta einzufangen.

    Ihre Beschreibungen sind frei von Klischees: Mit dem Abstand einer Fremden stellt sie Gewohnheiten und Gebräuche mit poetischer Sachlichkeit dar, manchmal mit leichter Ironie. Diese Bilder, die die Erzählerin innerlich verarbeitet, sind Ausgangspunkte von Träumen und Erinnerungen, wo die Gestalten ihres verstorbenen Mannes und ihres Vaters im Mittelpunkt stehen. Beide Figuren haben eine enge Beziehung zu den beschriebenen Orten.

    Diese "italienische Reise" eigner Art entwickelt sich dann zu einer Reise ins Innere, zu einer Suche nach ihrer Vergangenheit, aber mit einem klaren Blick auf die Gegenwart: Sie beschreibt ein multiethnisches Land, wo chinesische und afrikanische Händler ihre Ware auf den Wochenmärkten anbieten, wo Männer und Frauen unterschiedlicher Nationalitäten ihren Weg zur Freiheit suchen. Es geht außerdem um eine Reise auf literarischen Spuren, um die Suche nach dem "Garten der Finzi-Contini" in Ferrara und um die Entdeckung des Hafenmosaiks in Ravenna. Mit den Augen der Erzählerin konnte ich mein Heimatland neu entdecken.

    Der Roman "Hain" wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2018 ausgezeichnet.