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Bewertungen von Leser/innen

  • Jeanie und Julius von Claire Fuller

    Jeanie und Julius (im Original Unsettled Ground) ist der vierte Roman der englischen Schriftstellerin Claire Fuller und erzählt von 2 Menschen, die jahrzehntelang ein nahezu abgeschiedenes Leben auf einem Cottage nur mit ihrer Mutter geführt haben.
    Das ändert sich, als die Mutter der Zwillinge stirbt. Aber sie bleiben Außenseiter. Es gibt geheimnisvolles. Spät im Buch erfährt man mehr.
    Psychologisch hat mich der Plot und die Figurenentwürfe aber nicht überzeugt.
    Es ist ein atmosphärisches Buch, teilweise verstörend. Wenn man sich ganz auf den Roman einlässt empfindet man eine Welle der Melancholie.

  • Happy Hour von Marlowe Granados

    Happy Hour ist ein besonderes Buch über zwei Partygirls aus London, die für einen Sommer nach New York gehen.
    Ohne Arbeitserlaubnis können sie sich nur mit Flohmarktverkäufen und diversen kuriosen Jobs über Wasser halten.
    Erzählerin ist die 21jährige Isa, die sich mit der gleichaltrigen Gala zusammengetan hat. Sie sind gute Freundinnen, manchmal aber auch unterschiedlich. Die meiste Zeit sind sie am Feiern und immer auf der Suche nach Männern, die die Rechnung übernehmen.
    Isa ist eine eigenwillige Protagonistin, alles andere als dumm und mit kritischen Blick sowie ironischen Unterton. Ihre Perspektive trägt das Buch.
    Die Erzählweise überzeugt. Der Text hat einen eigenen Witz. Man reist eine Romanlänge mit ihnen durch die Bars und Lokationen von Brooklyn und Manhattan.

    Marlowe Granados zeigt einen Bewusstseinszustand und ein Lebensgefühl. Das ist ihr gut gelungen.

  • Wo die Asche blüht von Phan Que Mai Nguyen

    Es gibt mehrere,anfangs voneinander unabhängige und zeitlich wechselnde Abschnitte in diesem Buch.
    Um den Amerasier Phong, Sohn eines schwarzen Amerikanischen Soldaten und einer Vietnamesin, der in die USA auswandern möchte, aber nicht kann.
    Um den US-Amerikanischen Ex-Soldaten Dan, der mit seiner Frau Linda 2016 nach Vietnam für einen Besuch zurückkehrt. Heimlich hofft er, seine damalige Freundin und sein Kind zu finden.
    Und um Trang, die Ende der sechziger Jahre als junge Frau zusammen mit ihrer Schwester vom Land nach Saigon geht. Sie wird Animiermädchen in einer Bar.
    Ihre Leben sind miteinander verknüpft.
    Das Buch profitiert davon, dass die verschiedenen Abschnitte gleichwertig gestaltet sind.
    Es wird deutlich, was der Vietnamkrieg im Leben der Menschen verursachte. Es gibt allerdings keine Kriegsszene. Die Handlung konzentriert sich auf das private Leben der Figuren.

    Der Roman ist unterhalten, leicht zu lesen und erfüllt eigentlich alle Erwartungen. Es fehlen zwar Überraschungen, aber man kann den Hoffnungen und Emotionen der Protagonisten folgen.
    Die in Vietnam geborenen Schriftstellerin Nguyen Phan Que Mai hat diesen Roman auf Englisch verfasst.

  • Lass gehen, wen du liebst von Lisa Balavoine

    Mutterbücher gibt es viele. Dieses von Lisa Balavoine ist ebenfalls gelungen und zeichnet sich durch die Sensibilität der Protagonistin aus und einer gescheiten strukturellen Einteilung:
    Kindheit mit einer labilen Mutter
    Die Protagonistin wird selbst Mutter, Entfremdung von der Mutter
    Tod der Mutter, Trauer, Bewältigung
    Diese Aufteilung überzeugt mich ebenso wie die die vielen Zitate und die Sprache.

  • Der Sommer, in dem alles begann ist ein Roman mit drei Protagonistinnen und mehreren Zeitebenen.
    Die junge Helene, die Dorfladenbesitzerin Odette, und die Lehrerin Marguerite, sie sind gleichberechtigte Hauptfiguren.
    Es dauert ein wenig, bis man sie besser kennen lernt, da anfangs zu schnell gewechselt wird.
    Am interessantesten ist es, die Zusammenhänge zwischen ihnen herauszufinden.
    Es gibt einige wichtige Nebenfiguren, wie der wütende Yannick oder Marguerites Mann Raymond. Da geht es aber nie in die Tiefe, schade, da wären Potentiale gewesen.
    Schauplatz ist die Bretagne, das gibt dem Roman einige gute Momente. Manches, wie zB. Die Teufelsgrotte geht aber auch an mir vorbei.
    Die Autorin Claire Leost hat eine Weichheit im Stil. Das schwankt zwischen angenehm zu lesen und weichgespült. Letztlich ist es ein typischer Roman des Genres, der durch eine gewisse Oberflächlichkeit gezeichnet ist. Er lässt sich aber gut lesen und wird dennoch nicht allzulange im Gedächtnis bleiben.

  • Der Lärm des Lebens von Jörg Hartmann

    Der Lärm des Lebens ist ein amüsantes Buch des Schauspielers Jörg Hartmann. Ich muss gestehen, ich kannte ihn nicht. Wenigstes durch dieses Buch habe ich ihn jetzt ein Stück weit kennen gelernt.
    Sein Werdegang ist wohl typisch. Auch für engagierte junge Schauspieler ist der Start nicht einfach. Man bekommt einige Eindrücke vom Theaterleben. Schließlich ergeben sich Chancen. Anfangs zieht er mit einem Freund durch die Engagements, später hat er seine Familie. Mit beiden gibt es einige witzige Passagen.
    Manchmal blödelte er auch viel rum, aber das gehört wohl dazu. Aber auch ernste Eindrücke werden vermittelt, z.B. der demenzkranke Vater oder die schwere Zeit der Pandemie, die gerade Künstler in der Ausübung ihres Berufes lähmte.
    Das Tempo des Buches ist gut, es funktioniert als bisherige Erinnerungen an ein Schauspielerleben.

  • Das Jahr ohne Sommer von Constanze Neumann

    Constanze Neumann bietet mit Das Jahr ohne Sommer ein außerordentlich großartiges Stück autobiografischen Erzählens, das einem Roman gleicht.
    Es wird ein Zustand und ein Bewusstsein dargestellt, dass absolut glaubwürdig ist.
    Für das kleine Mädchen war die zunächst missglückte Flucht ihrer Eltern aus der DDR ein Eingriff in ihr Leben. Als sie später nachkommen konnte auch ein Verlust, denn ihre Großmutter verblieb in Leipzig.
    Dieser ungewisse Zustand blieb lange Jahre.

    Mich beeindruckte auch die Beschreibungen der Eltern. Während der Vater die neue Heimat voll und ganz angenommen hatte und sich nach der Wende sogar als Westdeutscher sah, war die Mutter lange Zeit depressiv.
    Das vermittelt, wie sehr der Unrechtsstaat DDR das Leben der Familien beeinflusste.

    Die Schilderungen der Kinder- und Jugendjahre vermitteln auch ein Zeitporträt.

    Man ist unglaublich nahe dran an der Icherzählerin. Bei einem erfundenen Stoff wäre das vielleicht nicht so leicht möglich gewesen. Auf jeden Fall ein bemerkenswertes Buch. Sehr lesenswert.

  • Issa von Mirrianne Mahn

    Mirrianne Mahn ist eine deutsche Autorin mit Wurzeln aus Kamerun, und da die Romanhandlung überwiegend in Afrika liegt, kann man von afrikanischer Literatur sprechen.
    Issa, Anfang 20, ist schwanger und wird von ihrer Mutter in die alte Heimat geschickt, um da die Traditionen für schwangere, kamerunische Frauen zu durchlaufen.
    Mich interessierte zum einen, wie es für Issa in Douala läuft, wo ihre Verwandten leben. Dabei sind es vor allen die Frauen, die hier eine Rolle spielen, auch ihre Großmutter und ihre Urgroßmutter.
    Zum anderen fand ich Issas Erinnerungen an ihre Kindheit/Jugend spannend, an die sie sich erinnert. In Hunsrück hatte sie es als Person of Color nicht leicht, aber auch Kamerun ist ihr fremdgeworden. Zu schwarz für das deutsche Dorf, in Afrika als Heimkehrerin fast nicht mehr als eine Touristin. Die Autorin vermittelt Issa Gefühle, es ist ein intensives Buch.
    Erwähnenswert sind aber auch die Kapitel zwischen der Issa-Handlung, in der die Geschichte ihrer Vorfahren ab 1902 erzählt werden. Diese Kapitel kommen der Gegenwart immer näher, bis schließlich 1985 sogar gezeigt wird, wie Issas Mutter sich für das Auswandern nach Deutschland entschieden hatte.
    Für Issa erweist sich ihre Reise schließlich als Selbstfindung und es verbinden sich für sie die Vergangenheit mit der Gegenwart und Zukunft, als dann ihr Kind geboren wird.

  • Wir sitzen im Dickicht und weinen von Felicitas Prokopetz

    Mit Wir sitzen im Dickicht und weinen kann man die österreichische Schriftstellerin Felicitas Prokopetz entdecken.
    Ihr Roman ist eine komplex aufgebaute Familiengeschichte, die schließlich sogar mehrere Generationen abdecken.
    Es beginnt zunächst mit Valerie, die alleinerziehend sehr auf ihren 16jährigen Sohn Toby fixiert ist, bis ihre eigene Mutter Christina an Krebes erkrankt und sie auch braucht.
    Mich hat die Sensibilität der Hauptfigur beeindruckt, da ist aber auch eine unterdrückte Wut vorhanden.
    Geschickt flicht die Autorin noch die Geschichten von Valerie Großeltern mit ein und auch die ihrer Eltern. Das verlangt dem Leser einiges ab, da man die Figuren nicht immer sofort zuordnen kann. Doch auch Martha, Charlotte, Roman sind interessante Figuren und die Verästelungen zwischen ihnen werden allmählich klar.
    Der Roman zeigt einige Konflikte und wie sie sich auswirken.

  • Sommerhaus am See von David James Poissant

    Sommerhaus am See ist ein nicht untypischer US-Amerikanischer Familienroman.
    Die Familie Starling besteht aus den erwachsenen Brüdern Michael und Thad, ihren jeweiligen Partnern Diane und Jack sowie ihren Eltern Lisa und Richard.
    Jeder von ihnen hat an irgendetwas zu tragen, Probleme, die verheimlicht werden.
    Lisa leidet noch immer an dem Tod ihres ein Monat alten Babys, obwohl das Jahrzehnte her ist. Richard hat Lisa betrogen und fürchtet entdeckt zu werden.
    Michael ist Trinker und konservativ, während sein Bruder Thad homosexuell ist und in einer offenen Beziehung mit dem jüngeren Jack lebt.
    Michaels Frau Diane ist schwanger, aber Michael glaubt, dass sie sich kein Baby leisten können.
    Das ist schon viel Stoff, wird vom Autor David James Poissant aber gut unter einen Hut gebracht.

    Das erste Kapitel ist außergewöhnlich. Es ist ganz und gar aus der Perspektive des verkaterten Michaels geschildert ist. Er beobachtet, wie ein kleiner Junge von einem Boot fällt und er kann ihn nicht retten. Dieses Kapitel ist sehr intensiv. Später wird der Stil entspannter. Aber immer wieder brechen die familiären Konflikte auf.

    In der Summe ist das ein Abbild der US-Amerikanischen Mittelschicht mit vielen ihrer relevanten Problemen. Das so zu zeigen, ist eine nicht zu unterschätzende Leistung.