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  • Geheimnis der Rückkehr von Stephan Wackwitz

    Katja aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    In „Geheimnis der Rückkehr“ beschreibt Stephan Wackwitz in Form von „personal essays“ seine „Sieben Weltreisen“ – es ist ein intellektueller Genuss, dieses niveauvolle Bildungsmemoir zu lesen. Wir folgen dem Autor auf den Wegen, die er in der Welt im Auftrag des Goethe-Instituts zurücklegte. Dabei bestechen seine feinen Stadtbeschreibungen, ob es nun Tokio oder Krakau, New York oder Bratislava war, wo er Halt machte. Nicht nur Städte, sondern auch persönliche Begegnungen spielen eine Rolle sowie die Denker und Philosophen, die Stephan Wackwitz seit seiner Jugend prägten.
    Was mich an der Lektüre besonders gefesselt hat, ist das Bewusstsein, das der Autor wachzurufen vermag: Es gibt so viele Perspektiven auf das Leben, wie es fremde Gewohnheiten und Ansichten gibt, denn Wackwitz schreibt, „ dass es so viele Wahrheiten über die Welt gibt, wie sich Menschen auf ihr befinden“. Wenn er von „Rückkehr“ spricht, meint er ein „Geheimnis“, das uns alle angeht:
    „Das Geheimnis der Rückkehr liegt darin, dass niemand als derselbe oder dieselbe irgendwohin zurückkehrt. Aber auch darin, dass alle Ursprünge, kaum hat man eine Weile nicht hingesehen, sich unwiederbringlich entfernt haben von ihrer Ursprünglichkeit. Weggang und Rückkehr machen die Welt unberechenbar“, so der Autor in seinem Buch.
    Gerade im „Super Wahl-Jahr 2024“, wie es in den Medien großspurig angekündigt ist (aufgrund der nahenden EU-Wahlen im Juni und den Nationalratswahlen in Österreich im Herbst), ist es wichtiger denn je, sich eine eigene Meinung bilden zu können. Dazu regt das Buch an, denn Stephan Wackwitz selbst entpuppt sich zunächst als pietistischer, braver Schüler eines Konvents, der zum überzeugten Anhänger von Jung und Marx wird. Besonders die Gedanken des amerikanischen Philosophen Richard Rorty bringen einen Wendepunkt, da Wackwitz erkennt, dass er nicht mehr nach umfassenden, alles erklärenden Welterklärungen suchen muss. Nicht Letztbegründungen, sondern „ein immer größeres Repertoire alternativer Beschreibungen anzusammeln“, wird ihn fortan prägen. Er zeigt, wie wichtig die Lektüre von Denkern und die Begegnung mit Kunstschaffenden ist, dass es ganz und gar nicht stimmt, dass wir ohnmächtig den Dingen zusehen müssen. „Wir Kulturleute sollten aufhören, uns einzureden, wir wären ohnmächtig. Immerhin blicken wir gemeinsam und erstaunlich klar in die Abgründe unserer Zeit. Eine Zeit, in der wir mit unseren Mitbürgern Kämpfe ausfechten, von denen mancher meinte, dass sie längst ausgefochten seien (…) Die Liste des Unbehagens ist lang. Aber … das ist die gute Nachricht, wir schauen in diese Abgründe nicht allein. Wir sind nicht machtlos noch ohnmächtig“, schreibt etwa die zeitgenössische deutsche Intellektuelle Mely Kiyak. Und mit diesem erhellenden Gedanken möchte ich die kurze Einladung schließen, das „Geheimnis der Rückkehr“ zu wagen, denn zurückkehren bedeutet, sich in Beziehung zu setzen, wie dieselbe Intellektuelle schreibt: „Gesellschaft bedeutet in Beziehung zueinander zu leben. Die Vorstellung, dass immer das Gegenüber etwas verändern muss, damit man selbst zufriedener wird, ist ein sehr hilfloser Gedanke.“
    Die glänzenden Beobachtungen von Stephan Wackwitz treffen genau diesen Punkt: Aufbrechen und Wiederkehren bilden eine große Erzählung, die Ohnmacht und Hilflosigkeit besiegt: „Das Glück besteht darin, zu leben wie alle Welt und doch wie kein anderer zu sein“ (Simone de Beauvoir).

  • Und alle so still von Mareike Fallwickl

    Maxie aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    „Das Patriarchat kann sich darauf verlassen, wann immer irgendwo ein Kind oder eine alte Person umfällt, kommt eine Frau und hebt es auf.“

    Ich möchte mich jetzt an dieser Stelle einfach mal selbst zitieren. In meinem Buchtipp zu Mareike Fallwickls Roman „Die Wut, die bleibt“ schrieb ich, meiner Meinung nach habe sie damit ihren bisher besten Roman verfasst. Jetzt könnte ich diesen Satz einfach wiederholen oder auf das Wörtchen „bisher“ verweisen – oder einfach die Feststellung treffen: Sie hat sich mit ihrem neuesten Werk noch einmal selbst übertroffen!

    „Und alle so still“ ist ein Roman, den ich in einem Rutsch durchgelesen habe und dann ein paar Tage sacken lassen musste – um ihn dann erneut zu lesen. Beim ersten wie beim zweite Mal hat sich bei mir dieser Knoten im Hals gebildet, den Sie sicher auch kennen, dieser Knoten, wenn man kurz vorm Weinen ist und gar nicht genau weiß: Ist es vor Freude, vor Wut, vor Traurigkeit? Und je mehr Seiten ich gelesen hatte, desto größer wurde er, weil die Geschichte so großartig, so schön und so schrecklich ist und so wahr.

    Fallwickl schreibt in ihrem Nachwort, dass sie schon beim Schreiben der letzten Seiten von „Die Wut, die bleibt“ wusste, dass in dieser Geschichte eine weitere Geschichte steckt: Was wäre, wenn sich alle Frauen zusammentäten, wenn sich alle Frauen verweigern würden?
    Genau diese Fragen und weitere wie „Was wäre, wenn Frauen sich nicht länger unterdrücken lassen? – Wenn sie einander bestärken und unterstützen würden?" – bilden das Grundgerüst des neuen Romans, und man sollte ihn meiner Meinung nach nicht als eine Art Fortsetzung, sondern als ein Weiterdenken betrachten. Dass wir hier ganz kurz auch Lola wiederbegegnen, ist besonders schön.

    In „Und alle so still“ geht es darum, dass die Frauen am Ende ihrer Kräfte angelangt sind, dass sie es leid sind, dass das ganze System auf ihrer Verfügbarkeit beruht, ihrer Kraft und ihrer Zeit.
    Sie sind es leid, dafür zu kämpfen, dass Care-Arbeit aufgewertet wird, dass sie die gleiche Bezahlung für die gleiche Arbeit erhalten, dass es besseren Schutz vor Gewalt gibt und dass Täter zur Verantwortung gezogen werden.
    Sie sind es leid, um ihre Rechte zu kämpfen, „denn wie furchtbar ist das? Dass wir grundsätzlich rechtelos sind, außer wir wenden unfassbar viel Energie und Zeit auf, um ein Zipfelchen Gleichberechtigung zu erwischen…
    Hinter allen Arten des Unrechts steckt dasselbe Problem, dass wir nicht gehört, nicht gesehen, nicht geachtet werden. Und es gibt keinen Grund mehr, dass wir weitermachen wie bisher.“

    Aber damit ist jetzt Schluss, und so fängt es an, in einer Stadt, aber eigentlich überall, dass die Frauen als Zeichen gegen die Unsichtbarkeit sichtbar werden. Urplötzlich und überall liegen Frauen auf den Straßen und in den Parks, es sind viele, aber bei Weitem nicht genug, und sie sind alle so still. Es ist wie ein kollektiver Burnout.

    Die Geschichte wird abwechselnd und dann überlappend erzählt aus der Sicht von Elin, einer jungen Influencerin, die sich dem stillen Protest anschließt, und aus der Sicht von Ruth, einer Krankenpflegerin, die die Frauen zwar versteht, aber sich nicht gegen ihr Gefühl der Verantwortung für ihre Patienten stellen kann und will. Obwohl auch sie längst weit über die Grenzen ihrer Belastbarkeit gegangen ist.

    Und dann ist da noch Nuri, zwar ein junger Mann, aber einer mit Migrationshintergrund, schlecht ausgebildet und demzufolge ausgebeutet in seinen drei Jobs. Nuri gehört zu denen, die kein Wochenende kennen und keinen Tag-und-Nacht-Rhythmus haben, zu denen, die sich immer nur abstrampeln und trotzdem isoliert am Rande der Gesellschaft leben. Nuri ist einer der wenigen Männer, der versteht, warum die Frauen nicht mehr aufstehen.

    „Und alle so still“ ist ein unglaublich intensiver Roman, in den ich mich von Anfang an wie hineingesogen fühlte. Das liegt natürlich zum einen an Mareike Fallwickls Talent, mit Worten umzugehen und mit Sprache Bilder zu erschaffen, aber auch an ihrem Hintergrundwissen und ihrer Recherchearbeit, die wirklich enorm gewesen sein muss.

    Die eine Woche des stillen Protest, die sie hier erzählt, zeigt uns, dass es gar nicht nur um einen Care-Streik geht. Es geht nicht nur „um die Arbeit an sich, nicht um das Füreinandersorgen und Umeinanderkümmern, sondern um die Unsichtbarkeit dieser Arbeit.“
    Es geht darum, dass diese so oft unsichtbare Arbeit endlich nicht mehr als selbstverständlich angesehen wird, sondern die ihr gebührende Wertschätzung erfährt.
    Es geht nicht darum, dass Frauen sich ihre Fähigkeit, sich an menschlichen Bedürfnissen zu orientieren, ihre Fähigkeit zur Sorge und ihre Zugewandtheit abtrainieren und damit aufhören. „Aber Männer sollten endlich damit anfangen.“

    Meinen größten Respekt für Mareike Fallwickl, die wieder einmal eindrucksvoll und unermüdlich aufzeigt, in welcher Situation wir Frauen uns befinden und was passieren könnte oder was passieren muss, damit sich vielleicht doch einmal etwas ändert!

  • Ziemlich zappenduster von Oliver Uschmann; Sylvia Witt

    Tyrolia aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Testleser Lukas, Tyrolia-Filiale Innsbruck (14 Jahre, Vösendorf)

    Die Geschichte spielt sich in Berlin ab, wo plötzlich in der Nacht der Strom ausfällt und das für viele Tage. Lisas Vater hat aber keine Vorräte eingekauft und so hat die Familie, zu der auch Lisas Bruder Niklas und der Hund Bobo gehören, bald nichts zu essen und nichts zu trinken. Schließlich wird es auch kalt in der Wohnung und die Eltern streiten sich vermehrt. Lisa mag Xin, den Nachbarsjungen. Doch Lisas Vater hat Vorurteile gegen Chinesen und möchte bei ihnen auch nicht um Hilfe bitten. Als dann die ersten Plünderer auf den Straßen und im Haus auftauchen, muss letztlich Lisas Vater doch umdenken.

    Das Buch liest sich schnell, da die Geschichte einen Einblick in die Situation gibt, wenn plötzlich der Strom für viele Tage ausbleibt. Noch dazu, wenn man im oberen Stock wohnt. Der Vater wirkt etwas naiv und muss erst in gefährliche Situationen kommen, um den Ernst der Lage zu erkennen.
    Interessant fand ich, wie sehr sich Lisas Vater gegen den Kontakt zu den chinesischen Nachbarn gewehrt hat, die aber sehr gut organisiert waren und reichlich Essenvorräte hatten, die sie auch gerne teilen würden. Erst als Lisa und ihr Vater im Erdgeschoss von Plünderern angegriffen werden, wird die Beziehung zur chinesischen Familie enger, da diese ihnen hilft.
    Im Buch finden sich auch Tipps, was man tun kann, wenn Strom plötzlich ausfällt, wobei es meist durch das Gespräch zwischen Vater und Mutter herauszulesen ist, weil der Vater vieles nicht bedacht hat.
    Mir hat das Buch sehr gut gefallen und es zeigt, wie wichtig es ist, immer einen Vorrat an Wasser und Lebensmitteln zu haben sowie die Wohnung möglichst nicht zu verlassen. Ich kann das Buch sehr weiterempfehlen!

  • Beautiful Broken von Rose Bloom

    Kund:innen-Tipp aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Testleserin SONJA, Tyrolia-Filiale Innsbruck (Vösendorf)

    Cassie ist in das Familiengeschäft ihres Vaters eingestiegen und kann sich nicht auf Beziehungen einlassen. Der Grund liegt in ihrer Jugendzeit, als sie Tanner kennen- und lieben lernt, der selbst jedoch sein Geld mit Drogenverkauf verdient und sie eines Tages verlässt und damit tief verletzt. Die damaligen Geschehnisse sitzen tief. Doch sieben Jahre später trifft sie Tanner wieder, der ein Lokal eröffnet, und für Cassie beginnt eine Aufarbeitung der Vergangenheit und ein innerer Kampf, Tanner nicht wieder zu verfallen.

    Die Geschichte wird kapitelweise abwechselnd aus der Sicht von Cassie und Tanner und zeitlich in der Gegenwart oder in der Vergangenheit beschrieben. Dem Leser wird dies durch eine kleine Überschrift angekündigt, welche den leichten Einstieg ins Kapitel ermöglicht. Ich konnte sehr rasch ins Geschehen eintauchen und die Autorin hat den Roman nicht unnötig in die Länge gezogen. Beide Protagonisten Cassie und Tanner kommen sehr sympathisch rüber und ihre Handlungen sind gut nachvollziehbar. Wenn auch Themen wie Drogen und Gewalt in der Geschichte vorkommen, hat die Autorin diese gut dosiert eingebaut. Die Botschaft, niemals aufzugeben und um seine Liebe zu kämpfen, egal aus welcher sozialen Schicht man stammt, ist ihr gelungen. Den ersten Teil der New-Adult-Reihe von Rose Bloom kann ich daher weiterempfehlen!

  • Und du kommst auch drin vor von Alina Bronsky

    Tyrolia aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Testleserin LINDA, Tyrolia-Filiale Innsbruck (11 Jahre, Imst)

    In diesem Buch geht es um ein Mädchen namens Kim. Sie hasst lesen und ist deshalb erschrocken, als sie mit der Klasse zu einer Lesung muss. Doch mit der Lesung verändert sich ihr ganzes Leben, denn die Autorin erzählt IHRE Geschichte! Und in der Schule muss sie ausgerechnet über dieses Buch einen Vortrag halten… mit einem Jungen, den sie nicht mag. Also bleibt ihr nichts anderes übrig, als das Buch zu lesen - doch es hat ein schreckliches Ende. Also weiht sie ihre Freundin ein und zusammen versuchen sie, die Handlung zu verändern! Wird ihnen das gelingen?

    Ich fand das Buch super spannend. An ganz vielen Stellen ist es auch total lustig. Seltsam fand ich, dass Leah ausgerechnet Kims Leben erzählt hat. Toll fand ich auch, dass sie sie sich so sehr mit dem Buch befasste, obwohl sie es erst gar nicht interessant gefunden hatte. Außerdem denke ich, dass das Buch eher für Mädchen geeignet ist.

  • Das Schweigen des Wassers von Susanne Tägder

    Florian aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Kommissar Groth hat es in seiner Jugend rechtzeitig geschafft, die DDR zu verlassen und in Hamburg Karriere zu machen. Nach der Wende wird er aufgrund eines "Fehltritts" in seine Heimatstadt in der ostdeutschen Provinz versetzt, wo er den Polizisten westliche Polizeimethoden vermitteln soll. Kaum angekommen, taucht ein verwahrloster junger Mann bei ihm auf, der sich verfolgt fühlt. Nach einigen Tagen wird seine Leiche im See gefunden. Die Ermittlungen führen zu einem Mordfall, der zehn Jahre zurückliegt. Je tiefer Groth schürft, desto verzwickter wird der Fall, denn die Spur weist auf die Verwicklung allerhöchster Kreise hin... Susanne Tägder beschreibt eine Welt im Umbruch, auf der die Schatten der Vergangenheit lasten. Der Roman basiert auf Tatsachen, was die Lektüre noch beklemmender macht. Ein Geheimtipp, der sich lohnt!

  • Hundeherz von Hiromi Itō

    Katja aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Die japanische Autorin und Lyrikerin Hiromi Ito wurde seit den Siebzigern des letzten Jahrhunderts für ihre Performances und feministischen Werke bekannt und galt als "Schamanin der Poesie". Seit den Neunzigern lebt sie mit ihrem Mann, einem englischen Künstler, und ihren drei Kindern in Südkalifornien. In „Hundeherz“ erzählt Ito von ihrer sterbenden Schäferhündin Take, während sie in Japan vom geliebten Vater Abschied nehmen muss.
    Die ungewöhnliche Familienkonstellation besteht aus den drei Töchtern Kanoko, Sarako und Tome; außerdem gehören noch der streng riechende Schuppenpapagei Pi-Chan, der fünfjährige Papillon-Rüde Nico und ein zunächst nur kurz als "ziemlich widerwärtiger Hundehasser" eingeführter Ehemann dazu, von Beruf Künstler und schon in die Jahre gekommen. Zentrum der Geschichte und der Familie ist aber Take, denn sie ist die Besitzerin des titelgebenden „Hundeherzes“.
    Hiromi Ito beschreibt mit viel Liebe die zunächst sehr aktive Take, die mit ihren jugendlichen 40 Kilo im Stande war, sowohl Frauchen als auch die drei Mädchen gegen jedermann zu verteidigen. Nun aber ist sie alt und mit großer Einfühlsamkeit begleitet die Familie die Hündin über die letzten Monate hinweg, als der Verfall voranschreitet. Mit Geduld, ohne Scham und ohne Scheu ist von den Ausscheidungen die Rede, als Blase und Schließmuskel des Tieres versagen… Alles ist sehr lebensnah und realistisch dargestellt, weshalb es für die Lesenden oft Überwindung kostet, den Beschreibungen zu folgen… Am liebsten würde man wegsehen und sich die Nase zuhalten, doch zwingt uns die Autorin dazu, zugeben zu müssen, dass das allmähliche Nachlassen der vitalen Funktionen des Körpers zum Leben dazugehört, dass alles erträglich wird, wenn Humor und Zuwendung dominieren. Dies ist auch das Mittel im Umgang mit Schmerz: Egal, ob wir einen geliebten Menschen oder einen treuen Begleiter in Gestalt eines Hundes verlieren, dürfen wir an die Worte Bertolt Brechts denken: „Will man Schweres bewältigen, muss man es leicht angehen.“ Diese Weisheit hat Hiromi Ito auf unvergleichliche Weise zwischen den Zeilen zu Papier gebracht: bei aller anscheinend simplen Art ihrer Beschreibungen steckt ein großer Lebensmut dahinter, die hilft, die „unerträgliche Leichtigkeit des Seins“ (Milan Kundera), die Fragilität unserer Existenz zu meistern.
    Indes stirbt in Japan Hiromi Itos Vater – und die Autorin kann nur ab und zu hinfliegen, aber nicht ständig bei ihm sein. Dieser Umstand belastet sie, doch sie weiß, dass der Vater seinen treuen Hund Louis zur Seite hat. Ihn wird Ito nach dem Tod des Vaters mit nach Kalifornien nehmen. Auf eigenartig mysteriöse, aber unaufdringliche und stille Weise führt die Autorin uns vor Augen, dass die Existenz von Mensch und Tier nebeneinander ein großer Reichtum ist: Sie pflegt die sterbende Hündin Take sozusagen stellvertretend für den todkranken Vater in Japan, dem sie nicht so beistehen kann, wie sie es eigentlich möchte. Deshalb verdoppelt sie ihre Bemühungen, wenigstens der Hündin das Hinscheiden so schmerzfrei wie möglich zu machen… Wir Leser bleiben nachdenklich zurück, denn Hiromi Ito versteht es, trotz allem die Schönheit zu vermitteln, die in einem „Hundeherz“ liegt. Wir erfahren zwar das Leid des nahen Todes, aber auch eine Art Hoffnung, die jedem Schmerz zugrunde liegt. Dies alles wird nur still angedeutet, wirkt darum jedoch umso länger nach. Die Introspektion in ein „Hundeherz“, wie Hiromi Ito sie in diesem schmalen Bändchen schafft, lohnt sich, gelesen zu werden, denn: „Die allermutigste Handlung ist immer noch, selbst zu denken. Laut.“ (Coco Chanel).

  • Sepp, was machst du? von Sepp Schellhorn

    Maxie aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    „Sepp, was machst du?“ ist die Frage – fast möchte ich sagen: der Schlachtruf – die zu Beginn eines jeden Koch-Videos von Sepp Schellhorn erschallt. Der breiten Masse dürfte Sepp Schellhorn wahrscheinlich durch ebendiese Küchen-Clips bekannt sein, und seine gleichermaßen unterhaltsamen wie informativ-nützlichen Auftritte haben ihn zum Social-Media-Star gemacht, beliebt bei Jung und Alt. Da ist es natürlich naheliegend, dass daraus ein Kochbuch entstanden ist; übrigens nicht das erste, denn bereits vor ein paar Jahren ist Schellhorns Generationenkochbuch erschienen, in dem Sepp, seine Mutter und sein Sohn ihre Lieblingsgerichte vorgestellt haben.

    Und jetzt also „Sepp, was machst du?“, das Buch!
    Hier finden sich neunzig Rezepte für jede Lebenslage, sprich Haupt- und Nachspeisen, Pasta und Knödel, typisch Österreichisches wie Wiener Schnitzel oder natürlich Salzburger Nockerln und – der Sepp sagt es selbst: Er ist ein Suppenfreak – jede Menge Suppen. Für mich also ideal!

    Ich hatte das Glück, bei der Präsentation des Kochbuchs in Sepp Schellhorns Restaurant M32 auf dem Mönchsberg in Salzburg eingeladen zu sein, und ich muss sagen: Der Sepp ist auch in natura genauso lustig und normal wie in seinen Videos! Zur Verkostung kam natürlich auch so einiges: u.a. seine himmlische Spargelcremesuppe – bitte unbedingt nachkochen, solange noch Spargelzeit ist – und köstliche Bärlauch-Kaspressknödel sowie eine Zitronentarte, die ich demnächst nachzubacken gedenke. Endlich wird der Flambierbrenner, der sonst ein eher tristes Dasein in meiner Küche fristet, zum Einsatz kommen!

    Und heute gemacht und für hervorragend befunden: Das Burrata-Sandwich mit einer Basilikumcreme und kleinen Tomaten.
    Ich möchte dem Sepp beipflichten: „Oaaahhh – ich könnte mich da hineinlegen…“

  • Der Gärtner von Wimbledon von Jane Crilly

    Maxie aus unserer Tyrolia-Filiale in Innsbruck

    Der junge Henry fühlt sich auf dem weitläufigen, hochherrschaftlichen Anwesen Blake Hall wie zuhause und fast schon zugehörig zur Familie und der besseren Gesellschaft. Aber eben nur fast, denn er ist doch nur der Sohn des Gärtners. Seine Freundschaft zu Rose, der Tochter des Hauses, ist sehr innig, und später wird daraus eine tiefe Liebe. Natürlich ist es eine Liebe, die nicht sein darf und die keine Zukunft hat – zu groß ist der Standesunterschied.
    Je weiter man liest, desto mehr beschleicht einen auch der Verdacht, dass Henry mehr und von ganzem Herzen liebt, während Rose eine junge Frau ist, die vor allem nach Eigenständigkeit strebt. Ihr größter Traum ist es, Profi-Tennisspielerin zu werden und eines Tages in Wimbledon zu gewinnen.
    Doch auch dafür ist die Zeit im England der 1940er Jahre noch nicht reif…
    „Der Gärtner von Wimbledon“ ist eine bittersüße Liebesgeschichte, die ganz wunderbar die Stimmung der damaligen Zeit widerspiegelt und mit ihrem traurigen, aber sehr gelungenen Ende zu Herzen geht.
    Wir haben das schmale Buch im Urlaub zu viert untereinander weitergegeben und waren alle sehr angetan von der Geschichte!

  • Chain-Gang All-Stars von Nana Kwame Adjei-Brenyah

    Christina aus unserer Tyrolia-Filiale in Salzburg

    Adjei-Benyah versteht es eine richtig gute Dystopie zu schreiben: die Geschichte seines Romans spielt in der nahen Zukunft und überspitzt die heutige Realität gerade nur so viel, das sie schockiert und doch nur aufzeichnet, wieviel Kritik die Gegenwart eigentlich bereits schon verdient. Dabei pokert er durchaus hoch; sein Roman nimmt quasi en passant Rassismus, Kapitalismus, Sexismus und vor allem die Missstände und Ausbeutung in Gefängnissen (respektive Amerikas Gefängnisindustrie) aufs Korn, während er eine rasante und auch sehr blutige Geschichte rund um seine Hauptfiguren erzählt. In meinen Augen gelingt ihm dieser Ansatz fabelhaft und auch sprachlich überzeugt er mich dabei auf ganzer Linie. Spannend, schonungslos, intelligent. Chain-Gang All-Stars bekommt von mir alle Sterne!